Der eigentliche Held

Zum Tode des Vollblutkomödianten Herbert Bötticher
Westergasfabrik,
12. Juli 2008, 19:30 Uhr

Von Marc Hairapetian



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Fast nie gab er den Titelhelden. Meist „nur“ dessen besten Freund. Doch damit avancierte er zum Publikumsliebling und eigentlichen Heroen im Fernsehen und auf der Bühne. Der am 19. Dezember 1928 in Hannover geborene Herbert Bötticher war kein schöner, sondern ein interessanter Mann. „Kick’ mal: die Schnute!“ Wenn es aus dem Zuschauersaal zu ihm nach oben raunte, empfand er es nicht als Beleidigung, sondern als Kompliment. Mit verschmitzter Miene und süffisantem Humor in der Stimme war er immer präsent - ob als Erotikbar-Pianospieler genauso wie als Gentleman-Gauner oder Beamter. Seine Darstellungen entzogen sich der Eindeutigkeit. Sie paarten Raffinesse und Sarkasmus mit Naivität und Gutherzigkeit. Im Kino tauchte der Charaktermime und Vollblutkomödiant nur selten auf: In Erinnerung bleiben wird sein Stan in der Kurt-Hoffmann-Verfilmung des Malpass-Bestsellers „Morgens um Sieben ist die Welt noch in Ordnung“ (1968). An der Seite von Lina Carstens spielte er den bürokratischen Altersheimleiter in „Lina Braake“ (1974). Seine eigentliche Domäne war - neben TV-Highlights wie „Der Tod läuft hinterher“ (1967), „Der Kommissar“ (1969), „Vier gegen die Bank“ (1976), „Ich heirate eine Familie“ (1983-86), „Lilli Lottofee“ (1992) und „Prinz und Paparazzi“ (2005) - das (Tournee)-Theater. Den Professor Higgins in „My Fair Lady“ verkörperte er zwischen 1972 und 1982 mehrere Hundert Male. So auch auf der Bühne des Frankfurter Schauspielhauses neben Johanna von Kozcian als Eliza Doolittle. Bereits 1961 überzeugte er in Franz-Peter Wirths fernsehspielartigen „Hamlet“-Adaption als Güldenstern. Der umtriebige Künstler, der ebenfalls im Hörspielbereich mit hintergründigem Witz begeisterte, wurde unerwartet am 8. Oktober in einem Düsseldorfer Hotelzimmer durch einen Herzinfarkt aus dem Leben gerissen. Bis zuletzt hatte er für das Theater an der Kö das Musical „Gigi“ geprobt, bei dem er auch Regie führte und endlich wieder eine Hauptrolle übernehmen sollte. Die Premiere wird auf Wunsch seiner Frau Doris Gallart dennoch am 28. Oktober stattfinden.

Marc Hairapetian